Incom ist die Kommunikations-Plattform der Hochschule Magdeburg-Stendal

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Aletheia

Aletheia soll Menschen für kontingente Wahrheiten sensibilisieren. Dabei werden ihnen Zitate und Aussagen zu den Themengebieten Politik, Klima und Gender zur Verfügung gestellt, welche durch einen Faden verbunden werden können. Durch die verschiedenen Fäden entstehen chimäre Wahrheitsbilder, die eine Diskussionsgrundlage über Wahrheit und Kontingenz bilden können.

Motivation

Die Welt befindet sich im Wandel. Emotionen bestimmen politische Debatten und auch Medien sprechen mehr die menschliche Gefühlsebene an, als Fakten zu betrachten. Getreu dem Motto »Ich fühle, also weiß ich« tritt die Herleitung sowie der Beleg einer Aussage hinter den emotionalen Effekt dieser. Das postfaktische Zeitalter ist angebrochen. Hat die Wahrheit noch einen Platz in dieser Epoche und welchen Stellenwert hat sie in unserer Gesellschaft? Durch selektive Informationsaufnahme schaffen wir uns eine persönliche Brille, die uns zum Glauben an bequeme Falschaussagen verführt. Es gibt daher nicht die »eine« oder »universelle« Wahrheit. Mit unseren individuellen Sichtweisen der Welt gestalten wir gemeinsam vielschichtige Wahrheitsgeflechte, die wir kontingente Wahrheiten nennen. Das Problem dabei ist, dass uns die Vielfalt und Komplexität der Wahrheiten nicht bewusst wird. Wie gehen wir heute mit kontingenten Wahrheiten um und wie können diese räumlich erfahrbar gestaltet werden?

Konzept

Aletheia ist ein interaktives Ausstellungsobjekt, das den Raum durch einen Kegelstumpf definiert. In diesem werden Zitate und Aussagen zu kontroversen Themen unserer Zeit aufbereitet – Politik, Klimawandel und die Geschlechterdebatte. Die Besuchenden werden durch ein gezieltes Überangebot an Informationen überfordert, gleichzeitig wird ihnen die Möglichkeit gegeben, ihren persönlichen Wahrheiten Ausdruck zu verleihen. Dies geschieht, indem durch einen Faden befürwortete Aussagen verknüpft werden. Aus dem Dickicht der gespannten Fäden formen sich individuelle Wahrheitsbilder, welche die kontingenten Wahrheiten repräsentieren. Die Besuchenden schaffen eine neue Ebene, die zur Diskussion und zum Nachdenken anregt. Interagieren, vergleichen, reflektieren – du im Netz kontingenter Wahrheiten.

Form

Um die Installation räumlich zu gestalten, wurde ein Raum in Form eines Kegelstumpfes gestaltet. Durch die kreisförmige Grundfläche kann der gesamte Raum genutzt werden und Fäden von einer Seite zur anderen gespannt werden. Die Neigung nach innen mit zunehmender Höhe ermöglicht eine einfachere Erreichbarkeit von Aussagen und Zitaten, die höher platziert werden.

Neben jedem Zitat sowie jeder Aussage wird ein Verbindungspunkt angebracht, um den bei Zustimmung ein Faden durch die Besuchenden geknotet werden kann. Dabei stehen ihnen Fäden in fünf verschiedenen Farben zur Verfügung. Diese codieren die Altersgruppen der Besuchenden.

Die Verbindungspunkte erkennen, wenn ein Faden um sie gewickelt wird und zeigen dies über eine integrierte LED an, sodass der Benutzende eine Rückmeldung erhält. Zusätzlich wird die Auswahl digital gespeichert und für eine Projektion verwendet.

Diese wird an die Außenwand des Zylinders in Form einer Wortwolke projiziert. In ihr befinden sich Stichworte, die mit den Zitaten und Aussagen im Inneren des Zylinders korrespondieren. Die Interaktionen der Besuchenden innerhalb des Zylinders beeinflussen die Projektion außerhalb. Die Stichworte der Projektion, die mit häufig ausgewählten Antworten in Verbindung stehen, wachsen proportional zur Anzahl der Antworten im Inneren.

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Kontext

Durch eine bewusste Konfrontation mit einem Überangebot an Aussagen und Zitaten soll bei den Besuchenden ein Informations-Overload verursacht werden. Dieses Phänomen soll gezielt eingesetzt werden, da es das aktuelle Überangebot an Informationen im Internet widerspiegelt. Für die Auswahl der Zitate und Aussagen wurden drei Themenbereiche festgelegt, die aktuell in der öffentlichen Diskussion und Medienwelt präsent sind. Dies sind Politik, Umwelt und die Geschlechterdebatte. Zu jedem dieser Felder wurden Aussagen und Zitate herausgesucht. Dabei wurde darauf geachtet, möglichst umfassend zu einem Sachverhalt zu recherchieren, sodass unterschiedliche, im besten Fall gegensätzliche, Positionen vertreten sind. Nach einem ersten Durchlauf wurde das gefundene Material gemeinsam gesichtet und aussortiert. Durch weitere Iterationsschritte entstanden 20 Aussagen und Zitate pro Themengebiet, die ein großes Spektrum an Meinungen und Stellungen widerspiegeln. Die zugehörigen Quellen werden auf einer Website gesammelt und verlinkt, wobei diese durch einen QR-Code erreichbar ist. Somit ist transparent, woher die Aussagen stammen und die Benutzenden können sich nach dem Verwenden der Installation den Kontext der Aussagen ansehen.

Interaktion

Die Besuchenden werden durch die Projektion auf der Außenseite auf die Installation aufmerksam. Sie nähern sich dieser und beginnen, die Stichworte zu lesen. Dadurch entsteht die Motivation, den Raum zu betreten. Sie studieren die Beschreibung und nehmen sich einen Faden, der ihrer Altersklasse entspricht. Zunächst beginnen sie damit, einige Zitate und Aussagen zu betrachten. Sobald sie eine Aussage oder ein Zitat finden, dem sie zustimmen, wickeln sie den Faden um den zugehörigen Verbindungspunkt. Die LED innerhalb des Anschlusspunktes leuchtet auf und zeigt damit an, dass die Eingabe erkannt wurde. Die Besuchenden treten einen Schritt von der Wand zurück und lesen die anderen Texte. Befürworten sie eine weitere Aussage oder ein weiteres Zitat, so markieren sie dies erneut durch ihren Faden. Dies wiederholen sie beliebig, bis ihnen keiner der verbleibenden Texte mehr zusagt. Sie lassen den übrigen Faden einfach hängen und betrachten ihren gewählten Weg im Kontext zu den anderen gespannten Fäden bzw. Wahrheitsbildern. Sie haben nun die Möglichkeit, mit weiteren Besuchenden in Austausch zu treten und das sich abzeichnende Ergebnis zu hinterfragen. Final verlassen die Interagierenden den Raum wieder.

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Technik

Die Anschlusspunkte erkennen über kapazitive Sensorik, wenn ein Faden an ihnen angebracht wurde. Dieses Signal wird anschließend an einen Arduino Mega weitergeleitet, welcher die Eingabe registriert und an den Projektionsrechner übermittelt. Gleichzeitig leuchtet die in den Anschlusspunkt integrierte LED auf, um den Benutzenden ein Feedback zur Interaktion zurückzugeben. Der Projektionsrechner wertet die Eingaben der verschiedenen Anschlusspunkte aus und passt die projizierte Wortwolke entsprechend an.

Ausstellung

Im Rahmen der Ausstellung „Nowhaus“ wurde Aletheia am 13. und 14.02.2020 öffentlich präsentiert. Die Besuchenden wurden eingeladen, ihre eigenen Fäden zu spannen und dadurch mit anderen ins Gespräch zu kommen. Am Ende war ein Dickicht aus verschiedenen Fäden zu sehen und es bildete sich ein „Wahrheitsbild“ der Besuchenden der Ausstellung.

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Ausblick

Die Ausstellung „Nowhaus“ wurde als Wanderausstellung konzipiert. Der Plan dabei ist, an verschiedenen Orten in Sachsen-Anhalt auszustellen. So soll die Ausstellung am Bauhaus in Dessau und an der Burg Giebichenstein in Halle ausgestellt werden. 

Das bestehende Konzept kann in hierfür weiterentwickelt werden. Zum einen kann eine Erweiterung um technische Komponenten erfolgen, die bereits konzeptuell angedacht sind. Wünschenswert wäre es zudem, eine Möglichkeit zu finden, die gespannten Fäden von einem Ausstellungsort zum nächsten transportieren und somit konservieren zu können. Die dadurch entstehende Vergleichbarkeit würde eine Plattform für Dialoge zwischen verschiedenen Standorten bilden. Ganz im Sinne von Aletheia: Interagieren, Vergleichen, Reflektieren.

Fachgruppe

Master Interaktion Design

Art des Projekts

Studienarbeit im Masterstudium

Betreuung

foto: Prof. Dominik Schumacher

Zugehöriger Workspace

MID: NOWHAUS

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2020

Keywords