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Masterproposal: Bildung in der Anatomie - Unterstützung durch Virtual Reality

Masterproposal: Bildung in der Anatomie - Unterstützung durch Virtual Reality

Digitalisierungen in der embryonalen Herzentwicklung gibt es bisher wenige bis gar keine. Studierende der Medizin lernen den Prozess hauptsächlich mit medizinischer Fachliteratur. Da viele Prozesse ablaufen, die durch 2D Abbildungen nur bedingt zu begreifen sind, soll hier der Einsatz von Virtual Reality eine Unterstützung bieten. In der angestrebten Masterthesis wird verglichen, ob Medizinstudierende durch den Einsatz von VR die embryonale Herzentwicklung besser begreifen können als durch das Lernen mit 2D Abbildungen aus medizinischen Büchern.

ETHISCHE UND HISTORISCHE ASPEKTE

Für die Digitalisierung müssen medizinische Daten vorliegen. Der technologische Fortschritt in der Medizin bietet bisher keinen 3D Scan, womit sich lebendige Embryonen scannen lassen. Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) § 2 soll eine missbräuchliche Verwendung von Embryonen zu Forschungszwecken verhindern (BGBl. I S. 2746). Die meisten Embryonen Sammlungen sind historisch vorbelastet und ihre Verwendung ist somit auch ethisch fragwürdig - so bspw. die Blechschmidt Sammlung in Göttingen. Die Embryonen dieser Sammlung stammen von Opfern des Nationalsozialismus (Markert 2020).

Nach § 15 (1) der Berufsordnung für Ärzte muss „[…] vor einem Forschungsvorhaben […], bei dem in die psychische und körperliche Integrität eines Menschen eingegriffen oder Körpermaterialien oder Daten verwendet werden […], von einer bei der zuständigen Ärztekammer gebildeten Ethik-Kommission […] eine Beratung durchgeführt werden […]. Dasselbe gilt vor der Durchführung gesetzlich zugelassener Forschung mit vitalen menschlichen Gameten und lebendem embryonalen Gewebe.“ (Berufsordnung § 15 Forschung (1))

Die Ethikkomission der Rechtsmedizin hat das Vorhaben der Abschlussarbeit nach informeller Anfrage als unbedenklich eingestuft.

Für die vorliegende Abschlussarbeit werden weder lebende Exemplare verwendet noch wird in die Integrität des Menschen eingegriffen. Für das Vorhaben werden ausschließlich Daten aus medizinischer Fachliteratur, vorhandenen Animationsvideos und die Daten von Projekten verwendet, die bereits von einer Ethikkommission beraten und befürwortet wurden. Nachträgliche Probleme, wie eine nicht ausreichende Übereinstimmung der digitalen 3D Modelle mit einem Embryo, der als Anschauungsobjekt diente, ist für dieses Vorhaben nicht möglich. Da es bisher nur wenige bis keine Digitalisierungen der embryonalen Herzentwicklung gibt und weder in der Medizin noch der Forschung ein 3D Scan für lebende Embryonen entwickelt wurde, gibt es kein Vorbild, an dem sich 1:1 orientiert werden könnte. Die Erstellung der 3D Daten erfolgt somit mit vorliegenden Daten verschiedener Quellen und damit verschiedener Embryonen und orientiert sich hauptsächlich an der medizinischen Korrektheit, bildet sie aber nicht 1:1 ab. Ein Spielraum für die Erstellung der 3D Modelle ist demnach vorhanden.

Dadurch, dass keine ethisch oder historisch fragwürdigen Embryomodelle für die vorliegende Abschlussarbeit verwendet werden, hat diese Arbeit sehr großes Potential. Die Digitalisierung der embryonalen Herzentwicklung erfolgt ohne die Verwendung von echten Embryonen und bietet der Medizin und dem Lernen von medizinischen Inhalten einen großen Fortschritt.

PROBLEMSTELLUNG

Wie bereits erwähnt liegen bislang wenige bis keine Digitalisierungen der embryonalen Herzentwicklung vor. Das oben genannte Embryonenschutzgesetz und eine ethische und historische Vorbelastung spielen dort eine große Rolle. 

Da einige Prozesse und Abläufe der embryonalen Herzentwicklung jedoch nur schwer durch 2D Abbildungen aus medizinischer Fachliteratur zu verstehen und zu begreifen sind, können dort Verständnisprobleme auftreten. Folgend sind 3 verschiedene Darstellungen aus unterschiedlichen medizinischen Büchern zu sehen, die Medizinstudierende zum Lernen verwenden.

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ZIELE

In der Masterthesis soll verglichen werden, ob durch den Einsatz von VR ein größerer Lernerfolg und somit ein besseres Verständnis der embryonalen Herzentwicklung stattfindet als durch das Lernen mit 2D Abbildungen aus medizinischen Büchern. Die Zielgruppe beschränkt sich hierbei auf Studierende der Humanmedizin. 

Im Fokus steht zusätzlich eine formal ästhetische Gestaltung einer interaktiven User Experience. Die Anwendung soll nicht nur wie ein Video abgespielt werden. Die Nutzerin / der Nutzer soll in den Prozess und die Umgebung einbezogen werden. Bei der Gestaltung ist darauf zu achten, eine Balance zwischen medizinischer Korrektheit und formal ästhetischem Design zu finden.

DARSTELLUNGEN DES MENSCHLICHEN HERZENS

Nr. 1 zeigt einen Ausschnitt einer ersten Digitalisierung in Form eines Animationsvideos aus den 70er Jahren. Weitere Versuche, die embryonale Herzentwicklung näher zu vermitteln, ist auf Bild 3 sichtbar. Hier wird die Entwicklung mittels Knete geformt. Bild 2 zeigt lediglich ein digitalisiertes Herz, in dem Video wird jedoch nicht die Herzentwicklung an sich dargestellt, sondern wie der Sauerstoff im Herzen transportiert wird. Auf Bild 4 ist ein 3D modelliertes Herz zusehen. Bild Nr. 5 zeigt unterschiedliche Phasen und Ansichten der embryonalen Herzentwicklung. Hier ist ein erster Ansatz für formal ästhetisches Design zu sehen.

An dem letzten Beispiel soll sich für die Darstellung und für erste Konzepte orientiert werden.

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DIDAKTIK

„Kein Dozent kann Lernen machen! Er kann das Lernen lediglich initiieren und fördern. Der Aufbau von Wissen und Können ist ein persönliches Konstrukt, in das der Lernende Informationen übernimmt.“ (Auseubel 1976 in Dahmer 2007, S. 2)

In dem Kontext dieser Abschlussarbeit ist das Thema Didaktik auch von großer Bedeutung.

Wie nimmt ein Mensch Informationen auf? 

Gibt es Möglichkeiten, Informationen erfolgreicher aufzunehmen?

Die Aufnahme von Informationen erfolgt über 3 Kanäle:

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Nach der Regel: je mehr Lernkanäle vom Lernenden benutzt werden, desto gefestigter und effektiver wird der Stoff gelernt (Dahmer 2007, S. 3)

Bei der Nutzung von VR werden alle 3 Lernkanäle beansprucht. Aus diesem Grund bietet VR großes Potential für dieses Thema.

VR - ANFORDERUNGSKATALOG

Die Darstellung von medizinischen Inhalten in VR wurde bisher hauptsächlich auf medizinische Aspekte und ihre max. Genauigkeit beschränkt. Design ist dort kaum zu finden. 

In der Masterthesis soll vor allem eine formal ästhetische Gestaltung anstrebt werden. Dafür wurde ein Anforderungskatalog erstellt, um herauszustellen, was für das Designen einer VR Umgebung wichtig sein kann:

Farbe der Inhalte

Größe der Elemente

Spatial Audio

Feedback

Einfachheit der Umgebung

Einfachheit der Elemente

Ausgiebiges Testing in VR

Hintergrundgestaltung

UX+Interaktion

Positionierung im Raum

Die Anforderungen wurden mit Hilfe von verschiedenen Literaturquellen (s. Literatur) zusammengefasst. Unter anderem mit dem Buch The VR Book - Human-Centered Design for Virtual Reality von Jason Jerald.

Im weiteren Verlauf sollen ebenfalls psychologische Gestaltungsaspekte einfließen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass es medizinische Inhalte sind, die andere Ansprüche an die Erstellung einer VR Umgebung stellen als z.B. im Gaming Bereich. Mögliche Anforderungen:

Darstellung (gute Balance zwischen medizinisch korrekter Darstellung und formal ästhetischem Design)

Immersion (wie „real“ muss es für Mediziner sein?)

Lernapplikation (nicht nur spannende UX, sondern sinnvolle Lernapplikation)

Umfeld (evtl. ein gewohntes Umfeld als Hintergrund wählen - bspw. Präpsaal)

FORSCHUNGSFRAGE

Wie kann durch den Einsatz von VR das Erfassen von Anatomieinhalten in der embryonalen Herzentwicklung für Medizinstudierende gefördert und gestaltet werden?

Ist VR wirklich verständlicher zum Lernen als herkömmliche Methoden wie medizinische Bücher?

- Wie kann eine Umgebung gestaltet werden, die sowohl eine medizinische Genauigkeit besitzt als auch formal ästhetische Aspekte berücksichtigt?

PROZESS

Durch einen Nebenjob an dem Uniklinikum hat sich das Interesse auf dieses Thema entwickelt. Da es auf dem Gebiet der embryonalen Herzentwicklung noch nichts in dieser Richtung gibt, ergab sich dort viel Potential. Nach einem Brainstorming und einer umfangreichen Literaturrecherche wurde das Thema der Thesis eingegrenzt - die Bildung. Das Thema bietet vor allem viel Potential für VR, da es nicht nur ein starres Objekt zum Anschauen in VR ist, sondern einen ganzen Prozess abbildet.

Um das Thema noch weiter einzugrenzen, wurde eine Vorumfrage erstellt. In dieser wurde allgemein gefragt, wie gut die Medizinstudierenden das Thema embryonale Herzentwicklung im Unterricht und mit Hilfe von medizinischen Büchern verstanden haben. Des Weiteren wurde abgefragt, welche Phase der Entwicklung ihnen am schwierigsten zu begreifen fiel. Ziel der Umfrage war es, eine Phase der embryonalen Herzentwicklung rauszufiltern, wo es am meisten Verständnisprobleme gibt und demnach einen Mehrwert besitzt, sie in VR darzustellen.

Im weiteren Verlauf wird ein Gestaltungskatalog für das Erstellen und Designen von medizinischen VR Inhalten erstellt. Dafür soll eine weitere Umfrage durchgeführt werden, die sich rein auf VR beschränkt. Darauf aufbauend folgt die Konzeptentwicklung, die in einem iterativen Prozess ausgearbeitet wird. Nachdem die Konzepte evaluiert und ausgewertet wurden, erfolgt eine Entscheidung für ein bestimmtes Konzept. Für eine Nutzerstudie wird ein funktionaler Prototyp dieses Konzeptes entwickelt.

Final soll durch die Nutzerstudie herausgefunden werden, ob die Forschungsfrage beantwortet werden konnte und wo sich Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten ergeben. Für das finale Produkt werden die Erkenntnisse der Nutzerstudie aufgearbeitet.

ZEITPLAN

Zeitplan_Masterthesis.jpgZeitplan_Masterthesis.jpg

HANDOUT

Masterproposal_Handout_MarieHutabarat.pdf PDF Masterproposal_Handout_MarieHutabarat.pdf

PROPOSAL VERTEIDIGUNG

ProposalVerteidigung_MarieHutabarat.pdf PDF ProposalVerteidigung_MarieHutabarat.pdf

LITERATUR

(Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte - MBO-Ä 1997 -  in der Fassung der Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetages 2011 in Kiel

Dahmer, Jürgen 2007. Didaktik der Medizin: professionelles Lehren fördert effektives Lernen ; praktische Empfehlungen für Lehrende und Lernende ; mit 3 Tabellen. Stuttgart: Schattauer.

Embryonenschutzgesetz vom 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2746), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. November 2011 (BGBl. I S. 2228) geändert worden ist - zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 21.11.2011 I 2228

Jerald, Jason 2016. The VR book: human-centered design for virtual reality. New York] [San Rafael, California: Association for computing machinery Morgan & Claypool publishers.

Hsu, James 2016. 4 Things I learned Designing User Interfaces for VR at Disney. https://medium.com/startup-grind/4-things-i-learned-designing-user-interfaces-for-vr-cc08cac9e7ec#.5kpftsjsa.

Kaulich, Christian 2015. Immersion und Interaktion in Virtual Reality Anwendungen. .

Markert, Michael 2020. Ethical Aspects of Human Embryo Collections: A Historically Grounded Approach to the Blechschmidt Collection at the University of Göttingen. Cells Tissues Organs 209, 4–6, 189–199.

Moore, Keith L. u. a. 2013. Embryologie: Entwicklungsstadien - Frühentwicklung - Organogenese - Klinik. 6. Aufl. München: Elsevier, Urban & Fischer.

Sadler, Thomas W. u. a. 2020. Taschenlehrbuch Embryologie: die normale menschliche Entwicklung und ihre Fehlbildungen. 13., inhaltlich unveränderte Auflage. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag.

Schulze, Susanne 2006. Kurzlehrbuch Embryologie: Kurzlehrbuch zum Gegenstandskatalog ; mit 18 Tabellen. 1. Aufl., [Nachdr.]. München: Elsevier, Urban & Fischer.

ustwo Designing For Virtual Reality. https://www.ustwo.com/blog/designing-for-virtual-reality/.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Master Interaktion Design

Art des Projekts

Masterarbeit

Betreuung

foto: Prof. Steffi Hußlein foto: Prof. Henrik Rieß foto: Danny Schott foto: Matthias Kunz

Zugehöriger Workspace

20 MID: 5.1 Master Colloquium

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2021 / 2022

zusätzliches Material